BUND Kreisgruppe Ludwigshafen

B-Plan Heinrich-Pesch-Haus

BUND Stellungnahme

Teiländerung Nr. 29 des Flächennutzungsplans'99 und Bauleitplanverfahren Nr. 657 "Westlich Heinrich-Pesch-Haus" in Ludwigshafen-West
hier: Behördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB
BUND LFD-NR.: 34458 und 34459
Stellungnahme der BUND Kreisgruppe Ludwigshafen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Unsere grundsätzlichen erheblichen Bedenken gegenüber einer Bebauung im Geltungsbereich des vorliegenden B-Planentwurfs haben wir schon in unserer Stellungnahme im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung des B-Plans sowie der Flächennutzungsplan-Änderung im Juni 2018 dargelegt. Sie sind weiterhin gültig. Es hat sich daran nichts geändert.
Angesichts der inzwischen gewachsenen Kenntnis über die Bedeutung von großflächigen innenstadtnaher und zumal relativ reich strukturierter Freiflächen für das derzeitige wie auch zukünftige Stadtklima und die Biodiversität halten wir eine Bebauung einer derartig großen innenstadtnaher Fläche mit einer vergleichsweise hohen ökologischen Qualität für nicht vertretbar.
Vor allem sehen wir die anstehende Bebauung als ein Teilstück einer noch großflächigeren geplanten Gesamtbebauung, die von der BG Unfallklinik (B-Plan Paracelsus Straße) im Westen über den Mittelstandspark bis zur Bayreuther Straße im Osten reicht, beidseitig der Straßenbahntrasse.
Ein derartiger großflächiger und massiver Eingriff mit der Folge des Verlustes fast aller in diesem Bereich vorhandener Gebüsch Strukturen, bedarf unseres Erachtens einer fundierten Gesamtbetrachtung hinsichtlich der ökologischen Auswirkungen der Gesamtplanung, aufgrund der eindeutig kumulativen Wirkungen (gerade im Sinne der Umweltverträglichkeitsprüfung).
Eine derartige grundlegende Analyse und Gesamtbetrachtung (Umweltverträglichkeitsprüfung) aller räumlich unmittelbar zusammenhängender Planungen unter den verschiedenen ökologischen  (Klima, Lufthygiene, Artenschutz, Biotopverbund, Lärm) wie auch stadtplanerischen Gesichtspunkten (z.B. Verkehr) ist uns bislang nicht bekannt.
Eine Betrachtung der Auswirkungen („Umweltbericht“, ab. S.38) jeweils allein auf der Ebene der einzelnen Bebauungspläne halten wir für vollkommen unzureichend, da eine kumulative Wirkung (der benachbarten Bebauungen) im Sinne der Umweltverträglichkeitsprüfung evident ist.
Die ökologische Bedeutung des Planungsgebietes ist für sich schon hoch, sie ist noch weit höher zu bewerten als Teilstück des gesamten noch vorhandenen Freiraums zwischen der Mannheimer-/Frankenthaler Straße im Norden und der A 650 im Süden.
Jede (Teil-)Bebauung mindert die Qualität und Bedeutung dieses großen innenstadtnahen gesamten Freiraums hinsichtlich der Aspekte Klima, Arten- und Biotopschutz etc.
Unverantwortlich erscheint uns, mit der planerischen und baulichen Erschließung der sog. „Entwicklungsachse West“ zu beginnen ohne Vorliegen eines aktuellen gesamtstädtischen Flächennutzungsplans mit zugehörigem Landschaftsplan, der die tatsächlichen aktuellen wie auch mittelfristigen räumlichen Ansprüche und Nutzungskonflikte auf Stadtebene darstellt und sich mit ihnen auseinandersetzt. Der derzeitige FNP ist über 20 Jahre alt.
Die vielfältigen ökologischen Funktionen der Teilflächen der „Entwicklungsachse West“ sprengen den Rahmen eines jeden räumlich begrenzten (Teil-)Bebauungsplans.
Neben den erheblichen grundsätzlichen ökologischen Bedenken gegenüber einer Bebauung sehen wir die Bebauung auch aus stadtplanerischer Sicht sehr kritisch.
Das Neubaugebiet soll in Zukunft von 3 Seiten von Gewerbegebieten umgeben sein.
Eine „Ghetto“-Bildung bzw. eine entsprechende mittelfristige demographische Entwicklung dahin erscheint uns aufgrund der sozialen „Insellage“ der Wohnbebauung für sehr wahrscheinlich.
Solange keine neue direkte Schulversorgung vor Ort bzw. in unmittelbarer Nähe vorhanden ist, sind die nächst gelegenen Schulangebote sicher nicht von einer ausreichenden Qualität, Neuhinzugezogen über viele Jahre an das Neubaugebiet zu binden.
Das Neubaugebiet bedarf aller Voraussicht einer „Ertüchtigung“ der Verkehrsinfrastruktur hinsichtlich der Verkehrsanbindung. Diese zusätzlichen baulichen Maßnahmen (z.B. Bayreuther Straße) sind mit weiteren Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden und müssten in die ökologische Eingriffsbilanz des Neubaugebiets (bzw. in die Gesamtbetrachtung und -bewertung der Entwicklungsachse West) miteinbezogen werden, da sie funktionell zusammenhängen.
Außerdem haben diese Veränderungen hinsichtlich der Anbindung und Zufahrtsmöglichkeiten erhebliche Auswirkungen auf das gesamte städtische Verkehrssystem, die noch nicht annähernd abzusehen sind und unseres Wissens auch noch nicht im Detail dargelegt worden sind.
Alle neuen (öffentlichen) Grünstrukturen (5.1.7.) innerhalb des geplanten Neubaugebiets oder unmittelbar an ihm angrenzend können und dürfen u.E. nicht als Kompensationsmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Arten- und Biotopschutzes („naturschutzfachliche Funktionen“ S. 28) betrachtet und angerechnet werden.
Die bisherigen Biotopstrukturen im Planungsgebiet zeichnen sich durch eine, für ihre innerstädtische Lage weitgehende Ungestörtheit aus, nicht zuletzt da nur zwei dauerhaft bewohnte Anwesen mit sehr geringer Wohndichte in diesem Bereich vorhanden sind.
Alle im Rahmen der Bebauung im Geltungsbereich neu geschaffene, wie auch die sehr wenigen erhaltenen Biotop- und Grünstrukturen werden aufgrund der Einwohnerzahl einem neuen hohen Nutzungsdruck und vielfältigen Störungen unterliegen.
Allein die dann vorhandene Katzenpopulation wird die Existenz vieler bodennah brütender Singvögel weitgehend ausschließen. Das vorhandene Grünland wird wie anderswo im Stadtgebiet als öffentliches Hundeklo und Hundeauslauffläche fungieren und ebenfalls nur begrenzt „naturschutzfachliche Funktionen“ erfüllen können.
Dadurch und auch aufgrund der Tatsache, dass die meisten Kompensationsflächen weit entfernt vom Planungsgebiet (z.B. in Oppau, Ruchheim) vorgesehen sind, wird das Planungsgebiet seine bisherige hohe Bedeutung für den innerstädtischen Arten- und Biotopschutz verlieren, zumindest für das jetzt vorhandene bemerkenswerte Artenspektrum.
Alle an die Pferdehaltung gebundenen Arten wie z.B. bestandsgefährdete Rauchschwalben, wie auch alle, die an eine reich strukturierte Kulturlandschaft gebunden sind, werden unwiederbringlich verschwinden.
Eine fast ländlich geprägte Kulturlandschaft, wie derzeit im Planungsgebiet lässt sich nicht einfach an anderer Stelle wiederherstellen.
Die bisherige ökologische Wertigkeit (bzw. das Potenzial) des Gebietes belegen nicht zuletzt die Nachweise von Wiedehopf und Wendehals.
Eine Verortung der Ausgleichsflächen weit außerhalb des Eingriffsortes (Ruchheim, Oppau) missbilligen wir.
Alle externen Kompensationsflächen müssten u.E. innerhalb des vorhandenen Freiraums zwischen Frankenthaler/Mannheimer Straße und A 650 angelegt und gesichert werden, um einen funktionalen Ersatz überhaupt potenziell zu ermöglichen.
Dies erscheint uns umso zwingender angesichts der vorgesehenen weiteren Bebauungsplanung in diesem Raum (s.o.), die mit der Vernichtung von mehreren ha Gehölzbeständen einhergehen wird!
Selbst vermeintlich häufigere Arten würden dadurch dauerhaft ihren Lebensraum in diesem Gesamtraum verlieren.
Besonders kritisch sehen wir auch die Tatsache, dass im vorliegenden B-Plan-Entwurf nicht erkennbar ist, dass auf wichtige vorhandene Biotop- und Grünstrukturen und Lebensräume Rücksicht genommen wird, z.B. Grünstrukturen im Bereich des Anwesens mit Pferdehaltung, der länglichen Gebüsch Senke, sogar in den Außenanlagen des Heinrich-Pesch-Hauses.
Die Anwendung des Eingriffvermeidungs- oder -minimierungsprinzips können wir bei der vorliegenden Planung nicht erkennen, vielmehr wird der gesamte Raum einfach ohne größere Rücksicht auf vorhandene Biotopstrukturen überplant.
Wir halten es für äußerst bedenklich, wenn nicht gar unverantwortlich, in einem vorhandenen (bio)klimatischen Belastungsraum (S. 49) wie Ludwigshafen weitere großflächige Neubaugebiete in bisher vergleichsweise klimatisch weniger belasteten Räumen auszuweisen, die sich bislang weit weniger aufheizen und mikroklimatische Ausgleichfunktionen erfüllen, gerade in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Aufheizfläche wie sie die Gewerbeflächen längs der Industriestraße darstellen
Wir haben erhebliche Zweifel, ob die gutachterlich nachgewiesenen klimatischen Beeinträchtigungen (S. 77) durch die Bebauung durch die vorgesehenen und festgesetzten Maßnahmen ausgeglichen werden können.
Die Wirkung der Beschattung durch die zur Pflanzung vorgesehenen Bäume z.B. wird sich frühesten in Jahrzehnten einstellen. Ob die Bäume überhaupt Alter und Größe für eine derartige klimatische Wirkung unter den derzeit ungünstigen Standortbedingungen für Stadt- und Straßenbäum erreichen, ist zunehmend sehr unsicher.
Bezeichnenderweise wird zugegeben, dass der Ausgleich nur rechnerisch (S.77) erfolgt.
Tatsächlich werden schon jetzt bzw. seit geraumer Zeit z.B. ausfallende Straßenbäume im Stadtgebiet nur zu einem Bruchteil nachgepflanzt. Es gibt einen nachweislichen Fehlbestand an nicht nachgepflanzten Straßenbäumen im Stadtgebiet Ludwigshafen im vierstelligen Bereich!
Es ist nicht zu erwarten, dass entsprechende Pflanzungen in diesem Neubaugebiet praktiziert werden.
Somit wird selbst der nur „berechnete Ausgleich“ durch die zur Pflanzung vorgesehenen Bäume zukünftig mit höchster Wahrscheinlichkeit weder kurz- und mittelfristig noch dauerhaft erbracht werden!
Der Bodenverlust (S.77) durch die Versiegelung wird nicht vollständig ausgeglichen werden können. Denn dann müssten ja anderswo gleichgroße Flächen entsiegelt werden.
Eine Neuanlage von Gebüsch Strukturen zeitgleich zu den großflächigen Rodungen  (S.77) stellt zumindest für die Anfangszeit keine adäquate Kompensation für den Verlust des Lebensraums und der Brutplätze dar, da möglicherweise zeitgleich in unmittelbarer Nachbarschaft (Mittelstandspark, evtl. auch Paracelsus Straße) weitere vergleichbare Habitat Strukturen großflächig verloren gehen werden. Die neuangelegten Gehölzstrukturen können frühesten nach mehreren bis vielen Jahren die Funktion der gerodeten Flächen ersetzten. (Dies gilt in gewisser Weise auch für die Eidechsen-Ersatzbiotope.)
Wir widersprechen somit entschieden und denken auch, dies in den vorliegenden knappen Ausführungen aufgezeigt zu haben, dass die durch die Bebauung entstehenden Eingriffe vollständig kompensiert (S. 74) werden.

Wir müssen deshalb die vorgesehene Planung ablehnen.